UNSERE FORDERUNGEN

Verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung schaffen

Anpassungen des Mindesthaltbarkeitsdatums vornehmen

Ernährungsbildung und die Wertschätzung von Lebensmitteln verbindlich stärken

Wir fordern rechtliche Rahmenbedingungen, welche die tagtägliche Lebensmittelverschwendung effektiv reduzieren sowie die Spende und Weiterverteilung von genießbaren Lebensmitteln vereinfachen. Denn obwohl es in Deutschland seit fast drei Jahrzehnten die Tafeln gibt, landet in Supermärkten immer noch aus-sortierte, aber durchaus genießbare Ware im Müll. Das liegt zum einen an rechtlichen Unsicherheiten bei der Weitergabe von Lebensmitteln, wie z.B. Haftungsrisiken, aber auch an einem fehlenden politischen Rahmen, der Lebensmittelverschwendung sanktioniert. Um dieser Art von Verschwendung entgegenzutreten, gibt es in Frankreich, Italien und Tschechien Lösungsansätze, wie die gesetzliche Verpflichtung für Supermärkte, aussortierte Lebensmittel zu spenden oder die gesetzliche Vereinfachung von Lebensmittelspenden. Für Lebensmittelspender*innen und Lebensmittelretter*innen fordern wir praktikable und einfach umzusetzende Lösungen. Leitfäden zur Weitergabe von Lebensmitteln, wie bspw. der Leitfaden des BMEL, müssen das ge-samte Spektrum der lebensmittelrettenden Akteure berücksichtigen. Dafür bedarf es einer grundlegenden Überarbeitung. Wir fordern bundesweit geltende politische Rahmenbedingungen, die die Weitergabe von Lebensmitteln rechtlich absichern und Lebensmittelverschwendung mittels verpflichtender und ggf. gesetzlicher Regelungen auf allen Ebenen reduzieren. Eine praktikable Lösung, die für alle Lebensmittelretter*innen bundesweit gelten muss, ist etwa das vereinfachte Lieferscheinverfahren zur Dokumentation von Lebensmit-telspenden, um die kostenfreie Weitergabe von Lebensmitteln zu erleichtern.

Eine weitere rechtliche Stellschraube zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist die konsequente nationale Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken (UTP) im Sinne einer Reduzierung vermeidbarer Lebensmittelverluste. Handelsstandards und Qualitätsanforderungen, die bestimmte Ansprü-che an das Aussehen oder bestimmte Merkmale von Gemüse und Obst stellen, führen dazu, dass genießbare und einwandfreie Lebensmittel gar nicht erst in den Handel gelangen. Auch kurzfristige Stornierungen und Retouren führen zu vermeidbaren Lebensmittelverlusten.

Lebensmittel sind in der Regel auch nach Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) genießbar, werden jedoch häufig aufgrund der Überschreitung des Datums weggeworfen. Daher ist eine Überarbeitung der Datumskennzeichnung notwendig, um unnötige Lebensmittelverluste zu vermeiden. Auf EU-Ebene sollte sich Deutschland dafür bei der für 2022 geplanten Revision der EU Lebensmittel-Infor-mationsverordnung für die Abschaffung des MHD für Produkte mit sehr langer Haltbarkeit wie z.B. Reis oder Nudeln einsetzen. Ein möglichst umfangreicher Katalog lang haltbarer Produkte sollte entsprechend erarbei-tet werden. Eine möglichst umfangreiche Untersuchung der Produktqualität lang haltbarer Produkte sollte entsprechend voran gestellt werden.

Für Produkte, die weiterhin MHD-pflichtig sind, sollten die aktuellen EU-Datumskennzeichnungsregeln überarbeitet werden, um Missverständnisse auf Seiten der Verbraucher*innen bezüglich der Bedeutung von MHD und Verbrauchsdatum zu vermeiden. Die beiden Arten der Datumskennzeichnung müssen durch eine obligatorische Visualisierung oder verbesserte Terminologie deutlich zu unterscheiden sein. Es muss klar sein, dass das Verbrauchsdatum die Lebensmittelsicherheit beschreibt, das MHD hingegen keine Haltbarkeits-kennzeichnung ist, sondern lediglich eine Qualitätsgarantie hinsichtlich der Produkteigenschaften. Es sollte außerdem dringend untersucht werden, welche Verbrauchergruppen einen (besonderen) Informationsbedarf zum MHD haben.

Zudem muss die Willkürlichkeit bei der Bestimmung des MHD aufgehoben werden. Da die Festlegung des MHD im Ermessen der Hersteller*innen liegt, erfolgt diese für die Verbraucher*innen intransparent. Die Ver-gabe muss daher ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen. Hersteller müssen dazu verpflichtet werden, Produkte einer Charge mit identischen MHD-Angaben zu kennzeichnen, statt z.B. Export-Ware mit einer längeren Qualitätsgarantie zu versehen. Die Revision der Datumskennzeichnung sollte von einer öffentlichen Informationskampagne begleitet werden.

Wir fordern die Verankerung von Ernährungsbildung mit besonderer Berücksichtigung des Themas Lebensmittelverschwendung sowie des Zusammenhangs von Klima und Ernährung
im Lehrplan aller Bundesländer. Lehrkräften, Bildungsbeauftragten und Erzieher*innen sollten vermehrt Weiterbildungen angeboten werden.Gezielte Ernährungsbildung ist ein wichtiger Hebel zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Essgewohnheiten und der Umgang mit Lebensmitteln prägen sich bereits im frühen Alter maßgeblich ein. Folglich muss Ernährungsbildung bereits in der Kita beginnen. Das Bewusstsein der nächsten Generation bezüglich des Umgangs mit Ressourcen muss geschärft werden, um diese zum nachhaltigen Handeln zu befähigen.

Deshalb sehen wir es als elementare Aufgabe der Politik, die Wertschätzung von Nahrung zu fördern, sowie die Wissensvermittlung des Zusammenhangs von Klima und Ernährung durch die Finanzierung entsprechender Initiativen und Projekte sicherzustellen.

Unsere Arbeit

Nationales Digitalforum

Im Rahmen der nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wurden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und den Dachverbänden der Land- und Ernährungswirtschaft, des Handels, des Lebensmittelhandwerks und der Gastronomie ein nationales Dialogforum, sowie sektorenspezifische Dialogforen eingerichtet. Bündnispartner sind in den jeweiligen Foren beteiligt und es findet ein regelmäßiger Austausch zu den Ergebnissen im Bündnis statt.

Dialogforum Groß- und Einzelhandel

Als Bündnis Lebenmittelrettung haben wir unter anderem am Dialogforum Groß- und Einzelhandel teilgenommen. In Vorbereitung auf dieses Forums haben wir unsere Fragen an den Lebensmitteleinzelhandel gesammelt und in Form eines Videos zusammengestellt. Für den Handel ist das Bündnis die zentrale Adresse, wenn es um gemeinsame Aktionen und Maßnahmen zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung geht.
→ Unsere Fragen an den Lebensmittel-Einzelhandel:

Unsere Forderungen haben den Diskurs im Forum geprägt und maßgeblich zu dem Erkenntnispapier des Forums zum Thema Lebensmittelweitergabe und -verwertung beigetragen, welches am 12.04.2021 veröffentlicht wurde und den derzeitigen Diskussionsstand wiedergibt. Link